70 Jahre rotiert der kleine Ball nun schon
Die Tischtennisspieler des TTC Rotation Weimar leben ihre Mitte zwischen menschlichem Zusammenhalt und sportlichem Ehrgeiz
Weimar. Der Name gibt das Jubiläum wieder: Tischtennis Club 1951 Rotation Weimar. Michael Pospich, 1. Vorsitzender des Mehrspartenvereins mit dem klar erklärten sportlichen Schwerpunkt Tischtennis, spielt das Gründungsdatum traumwandlerisch sicher und blitzschnell übers Netz auf die Platte: „11. Dezember 1951“. Das heißt, dass Ende des Jahres Pospichs obligatorische Festrede mitsamt PowerPoint-Präsentation über die Historie der Weimarer Kellenkünstler vortragen wird. So war es beim 60. Vereinsjubiläum, so soll es beim 70. sein. Eigentlich.
„Im Moment steht durch Corona so vieles im Raum, was wir nicht beeinflussen können“, bremst der TTC-Chef vielerlei Erwartungen, nachdem vielmehr die Pandemie selbst etliche Vorhaben und Ideen im Verein ausgebremst hat. Wie in den meisten anderen Sportarten auch zunächst die Saison. „Die wurde sehr zeitig vom Verband annulliert.“ Mit der zweiten Coronawelle im Dezember 2020 durfte zudem bei Rotation überhaupt kein Ball mehr rotieren. Und das trotz der neuen Sporthalle in der Meyerstraße, einem modernen Schmuckkästchen. „Sie ist sehr schön geworden und zum Beispiel mit einer Lüftungsanlage ausgestattet. Leider haben wir noch nicht ein einziges Mal darin spielen dürfen“, sagt Pospich.
In jener letzten Dezemberwoche ohne Lockdown hievten die Vereinsmitglieder Sack und Pack aus dem Ausweichdomizil in der Röhrstraße zur neuen Wirkungsstätte. Und als es dann so richtig losgehen sollte, ging plötzlich überhaupt nichts mehr.
Somit musste etwa auch eine Idee in die Abstellkammer verfrachtet werden, mit dem Pospich und Co den einen oder anderen Interessierten auf das Weimarer Tischtennis aufmerksam machen wollten. Der TTC hatte bereits Kontakt zum Bundesligisten Post Mühlhausen aufgenommen, um ein mögliches Probetraining mit dem einen oder anderen Topspieler anzubieten. „Durch die Veränderungen seither ist alles unausgegoren“, erklärt Pospich.
Für die allgemeinen Ziele des Vereins gilt das natürlich keineswegs. Mit seinen 160 Mitgliedern hat der TTC ein recht üppiges Aufgebot für einen Verein, der sich selbst als einen zwischen sportlicher Freizeitgestaltung bei fröhlichem Zusammensein (u.a. Kegeln, Basketball, Gymnastik) und auf der anderen Seite dem Leistungsgedanken in Teilen der Abteilung Tischtennis sieht, die selbst etwa die Hälfte aller Mitglieder vorweisen kann. „Die Verbindung zu sozialen Kontakten ist satzungsgemäß“, verrät der 1. Vorsitzende.
Und so fuhren sie viele Jahre in 20-Mann-Stärke zum gemeinsamen Campen nach Mecklenburg-Vorpommern – oder zum Skifahren nach Österreich. Der Zusammenhalt ist nicht nur eine schöne, sondern bedeutende Größe im Verein. Mit Blick auf eine im jüngsten Dezember beendete Spendenaktion ist Michael Pospich besonders stolz: „Wir haben im Verein 4500 Euro für die Familie Kalkofe zusammenbekommen. Die gesamte TTC-Familie aus allen Abteilungen hat geholfen.“ Männerspieler Uwe Kalkofe und seine kleine Tochter hatte die Hiobsbotschaft einer schweren Krankheit denkbar hart ereilt. Beide befinden sich derzeit auf einem verhältnismäßig guten Weg, berichtet Michael Pospich.
Einen beeindruckenden Gast aus den eigenen Reihen hatten die Weimarer vor der Zwangspause fast jede Woche begrüßen dürfen: Sabine Kramer, Witwe des langjährigen Vereinschefs Bernhard Kramer (Vorsitzender von 1951 bis zur Wende), lässt es sich auch mit 94 Jahren nicht nehmen, Spielformulare auszufüllen und ab und an sogar Doppel zu spielen.
Sohn Kuno Kramer feiert passend zum Vereinsjubiläum in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag. Gemeinsam mit Udo Worms konnte er im letzten Seniorenwettkampf vor der Coronapause vergangenes Jahr Landesmeisterschafts-Silber in Bad Blankenburg gewinnen.
Großen Einfluss im Verein auf Organisation, Vereinsleben und Nachwuchsausbildung haben neben Michael Pospich vor allem Schatzmeister Sven Trautwein und Jugendwart Sören Korn. „Sven Trautwein steckt seit vielen Jahren Kraft und Energie in den Verein“, lobt Michael Pospich. Seit 2017 ist Trautwein indes in erster Linie Geschäftsführer des Thüringer Tischtennis-Verbandes. Sören Korn ist Sport- und Jugendkoordinator im Kreissportbund Weimar und ein weiteres sportliches Schwergewicht in der Nachwuchsentwicklung.
Die hat bei Rotation durch den plötzlichen Weggang des Talents Till Berbig (USV Jena) und zwei weiteren jungen Spielern der ersten Mannschaft einen Dämpfer erlitten. Doch in der langen Tradition, einen Thüringenligisten im Tischtennis zu stellen, lassen sich die Weimarer nicht entmutigen. Aktuell spielt das erste Team zwar in der 1. Bezirksliga und somit zwei Ligen unter der höchsten Spielklasse des Freistaates. Doch der sportliche Blick geht stets nach vorn. Irgendwann muss es nur noch losgehen dürfen.
„Ich freue mich auf den Tag, wenn ich endlich den Trainingsbeginn verkünden kann“, sagt Michael Pospich.